Kritik vom „Was tun“-Koordinierungskreis an der Kandidaten-Präsentation zur EU-Wahl durch die Parteiführung*)
Die Vorsitzenden der Partei Die Linke haben am 17.07.2023 ohne Absprache mit den zuständigen Parteigremien ihre Spitzenkandidat/innen für die Wahl zum EU-Parlament im kommenden Jahr der Öffentlichkeit präsentiert. Das selbsternannte Team – bestehend aus dem Parteivorsitzenden Martin Schirdewan, der Klima- und Flüchtlingsaktivistin Carola Rackete, der MEP Özlem Demirel und dem Sozialmediziner Gerhard Trabert – schafft Fakten. Der Bundesauschuss der Partei, in dessen Kompetenzbereich der Vorschlag für die Aufstellung einer Europaliste fällt, wurde faktisch kaltgestellt. Diesem bleibt nur noch die Wahl zwischen der Absegnung dieser putschartigen Aktion oder einen Eklat zu riskieren. Dasselbe gilt für den Bundesparteitag, der abschließend über die Liste der Kandidierenden zu entscheiden hätte. Es handelt sich um einen „Putsch von oben“. Mit der eigenmächtigen und satzungswidrigen „Installierung“ des „Spitzenteams wird bewusst und absichtlich der Konflikt bis zur endgültigen Bruchlinie hin verschärft – die drohende Spaltung der Partei wird faktisch von der Parteiführung vollzogen.
> Carola Rackete – bewegungsorientierte „Spitzenkandidatin“
Wenn die von Carola Rackete mustergültig gelebte Solidarität mit den Opfern der EU-Abschottungspolitik im Mittelmeer mit der Anschlussfähigkeit an die Kriegspolitik der EU verbunden wird und wesentliche Teile der Begründungen für die Kriegspolitik der EU übernommen werden, dann wird jede Orientierung und die Reflexionsfähigkeit der Partei DIE LINKE verloren gehen.
Denn, die Menschen, deren Leben Carola Rackete im Mittelmeer rettete, sind Opfer der vom „Wertewesten“ betriebene Ausplünderung des Globalen Südens – auch durch die EU. Nicht zuletzt deshalb findet der „Wertewesten“ mit seiner Politik gegenüber Russland im Rest der Welt keine ungeteilte Zustimmung. Dieser Einsicht verweigert sich die Parteiführung und die von ihnen vorgeschlagene Spitzenkandidatin. Stattdessen wird zunehmend die eurozentristische Sichtweise übernommen und mit etwas menschenrechtlichen Aktionen und Rhetorik moralisch bemäntelt. Ein Blick über den Tellerrand, die Sichtweise des Globalen Südens zu verstehen, also ein Politikverständnis, was zum LINKEN Selbstverständnis gehörte, findet schlichtweg nicht mehr statt.
> Bruch mit bisheriger linker Politik und Programmatik
Im Anschluss an die Pressekonferenz der Parteivorsitzenden führte Carola Rackete eine eigene Pressekonferenz der „Bewegungsaktiven“ mit Unterstützung beider Parteivorsitzender durch. Carola Rackete und ihr Umkreis übten auf dieser Pressekonferenz Kritik an der LINKE und forderten einen Politikwechsel in der Außenpolitik der Partei. Sie forderten eine Unterstützung des „ukrainischen Widerstands“. Jedoch unreflektiert Partei zu ergreifen zu Gunsten einer Konfliktseite, hier der Ukraine, bedeutet eben auch, den NATO-Stellvertreterkrieg gegen Russland zu unterstützen.
Und das ist der Kern der Position, welche Carola Rackete und ihre Aktivisten mit Unterstützung der Parteivorsitzenden der LINKEN aufzwingen wollen. Es ist die direkte Aufforderung, mit unseren bisherigen internationalistischen, antimilitaristischen und antiimperialistischen Positionen, wie sie im Erfurter Programm festgehalten sind, zu brechen.
Und dies wird zur unumkehrbaren innerparteilichen Spaltung führen. Entweder gelingt es noch, diesen Kurs der LINKEN aufzuhalten oder die Gründung von etwas Neuem wird unvermeidlich.
*) Aus dem Newsletter der „Was tun„-Koordinationskreises vom 26. Juli 2023