I.     Ausgangslage

 

1.    Partei

Der Gründungkonsens der LINKEN ist überholt: Die Partei gründete sich über den Zusammenschluss von WASG und PDS als Antwort auf den neoliberalen Umbau der Gesellschaft, insbesondere die Sozialkürzungen, für die Hartz IV als Synonym steht. Dieser Gründungskonsens trägt nicht mehr, weil die Mainstreampolitik vom Neoliberalismus abgerückt ist oder zumindest wesentliche Teile modifiziert wurden. Für eine Neubestimmung der Position und Strategie der LINKEN ist eine Standortbestimmung notwendig, die auf der Analyse der gegenwärtigen Situation aufbaut und dabei eine langfristige Perspektive entwickelt.

 

2.   Gesellschaftliche Krise

Die gegenwärtige Situation wird beschrieben als Polykrise, große Krise oder Zangenkrise (Klaus Dörre) des Kapitalismus, weil die ökologische Krise auf eine ökonomische, soziale und politische Krise trifft. Mit dem Begriff Zangenkrise ist eine Hierarchisierung verbunden. Radikaler Veränderungsdruck, so Dörre, resultiert in erster Linie aus der Dynamik des ökologischen Gesellschaftskonflikts. Die ökologische Krise lässt sich keineswegs auf den Klimawandel reduzieren; insgesamt muss die Art, wie sich in Westeuropa und den USA der Stoffwechsel mit der Natur vollzieht, auf den Prüfstand gestellt werden. Das erfordert einen Umbau der Ökonomie und eine andere Form des gesellschaftlichen Zusammenlebens.

 

3.   Internationale Lage

Wir leben in einer Zeit der Multipolarität und neuer machtpolitischer Konkurrenz: Gleichzeitig registrieren wir Umbrüche in der Geopolitik. Das Ende der Geschichte und die Unipolarität, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und ihrer Satelliten erhofft oder erwartet wurden, sind nicht eingetreten. Die VR China ist zu einer ökonomischen und politischen Weltmacht geworden, die USA fürchten um ihre Vormachtstellung; Russland möchte sich nicht mit einer drittklassigen Lage abfinden, und die EU befindet sich in mehr oder minder starker ökonomischer Konkurrenz mit diesen Mächten, wobei bisher nur die Konkurrenz mit Russland als militärische Konfrontation stattfindet.

 

II.   Alternativen der künftigen Entwicklung

 

1.   Grüner Kapitalismus / Green Deal

In Antwort auf die ökologischen Herausforderungen versuchen die EU, die Bundesregierung und die Regierung Biden in den USA, eine ökologische Transformation hin zu einem grünen Kapitalismus voranzutreiben, wobei die Dekarbonisierung im Vordergrund steht. Zu diesem Zweck greift der Staat durch Industriepolitik und Subventionen vergleichsweise intensiv in die Ökonomie ein. Der Green Deal in der EU unterscheidet sich wegen der stärkeren Staatsintervention deutlich vom Neoliberalismus, auch wenn der alte politische Entwicklungspfad des Kapitalismus nicht gänzlich überwunden ist und seine Auswirkungen anhalten, wie man am Beispiel der Mietenexplosion sehen kann.

 

2.   Autoritäre Militarisierung

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine haben sich die politischen Kräfte verschoben und es wurde auch in der EU eine Phase der Militarisierung eingeleitet. Diese ist mit einem grünen Kapitalismus nur bedingt vereinbar und muss als alternative Spur der Entwicklung oder als widerstreitendes Betriebssystem oder Akkumulationsregime begriffen werden. Die EU versucht beides gleichzeitig; und weil die Militarisierung geschichtlich immer mit technologischen Schüben einherging, könnte auch ein Nebeneinander den Weg markieren. Allerdings sind die Ressourcen unter den gegenwärtigen Bedingungen begrenzt. Das gilt für die erheblichen finanziellen Ressourcen und Potentiale der EU als Währungssouverän, die durch die Bedingungen der EU-Verträge, der Schuldenbremse und der gegenwärtigen Besteuerung von Unternehmen und Vermögen beschränkt werden. Und es gilt für die natürlichen Ressourcen: Ein ökologischer Umbau muss auf die Einsparung von Ressourcen abzielen, während Rüstung und erst recht Krieg ungeheure Mengen unterschiedlicher natürlicher Ressourcen verschlingen. Arbeitskräfte, Produktionsmittel, Naturressourcen und Energie sind im Hinblick auf ihre Einsatzmöglichkeiten knapp. Insofern muss die Politik Entscheidungen über die Priorität ihrer Verwendungen treffen. Es deutet sich auch schon an, dass die Militarisierung von Ökonomie und Gesellschaft in ein altes Freund-Feind-Denken zurückfällt und mit einer verstärkten politischen Repression nach innen verbunden sein wird. Eine rüstungspolitische Zeitenwende dürfte zu einem anderen Akkumulationsmodell und Regulationsregime führen, als eine sozial-ökologische Transformation. Spielräume für linke Politik und die Organisation einer solidarischen Gesellschaft gehen mit ersterem absehbar verloren.

Zwischen diesen beiden Entwicklungswegen wird in den nächsten Jahren der politische Konflikt stattfinden. Möglicherweise wird es Umwege und Kreuzungen oder Verirrungen geben – aber das werden nach unserer Einschätzung die wesentlichen Alternativen sein.

 

3.   Den Weg zum grünen Kapitalismus unterstützen

Für die Partei Die LINKE wie für die gesellschaftliche Linke kommt es darauf an, den Weg in Militarisierung, Sozialkürzung und ökologischen Stillstand zu verhindern und den Umbau zu einem sozial eingebetteten grünen Kapitalismus zu unterstützen, zu beschleunigen und idealerweise über ihn hinauszutreiben. Es gibt unter den gegenwärtigen Bedingungen keinen direkten Weg zu einer nachkapitalistischen Gesellschaft. Bis weit in die Grünen und die Sozialdemokratie hinein besteht heute Einigkeit, dass erhebliche Ressourcen durch den Staat mobilisiert werden müssen, um die Transformation erfolgreich zu bewerkstelligen. Es ist unmöglich, dieses Projekt mit einem „Nachtwächter-Staat“ oder einem bloß ordnungspolitisch agierenden Staat durchzusetzen.

Es bedarf vielmehr eines sozialen und ökologischen Interventionsstaates, der eine zentrale Rolle innerhalb des Transformationsprozesses und der wirtschaftlichen Entwicklung einnimmt. Ein solcher Staat hat die Aufgabe, über die Dekarbonisierung hinaus dringend erforderliche gesellschaftliche Veränderungen anzustoßen. Die LINKE muss auf die Erfüllung und Nutzung dieser „neuen“ Potentiale drängen: um die sozialen Folgen des Transformationsprozess durch einen starken Sozialstaat abzufedern und um die Breite der abhängig Beschäftigten für das Projekt zu gewinnen. Die erforderlichen massiven Investitionen, darunter vor allem den Kapitalstock erhöhende ökologische Investitionen, in die Wirtschaft können die Grundlage für ein neues „Jobwunder“ bilden. Um den ökonomischen Bedarf zu decken und zugleich Vollbeschäftigung zu erreichen, sind eine sozial ausgerichtete und inklusive aktive Arbeitsmarktpolitik sowie eine Ausweitung öffentlicher Beschäftigung erforderlich. Zudem setzt eine sozialökologische Transformation eine regulierte, qualifizierte Erwerbsmigration voraus.

Die Stärkung öffentlicher Beschäftigung und der Gewerkschaften muss zu stärker Tarifbindung, besseren Arbeitsbedingungen und höheren Löhnen führen. Die Markteingriffe und Interventionen des Staates müssen auch den Wohnungs- und Immobiliensektor erfassen. In diesem Rahmen ist es erforderlich, bezahlbaren und nachhaltigen öffentlichen sowie dauerhaft ausgerichteten gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern. Zudem muss über Mietpreiskontrollen und Vergesellschaftungsschritte der Wohnungsmarkt neu geordnet werden. Klimaschutz wäre dann nicht automatisch mit Verzicht und Entbehrungen für die abhängig Beschäftigen verbunden, sondern stattdessen mit einer Verbesserung der Lebensverhältnisse. Der staatsinterventionistische Umbau zum grünen Kapitalismus bietet auch Ansatzpunkte, um weitergehende Perspektiven aufzuzeigen.

 

III.  Spezifische Aufgaben der Partei DIE LINKE – Elemente der Hegemoniefähigkeit

 

1.   Über den grünen Kapitalismus hinausgehen

Die Politik der LINKEN geht über den grünen Kapitalismus hinaus. Zum einen ist es LINKE Aufgabe, seine soziale Einbettung zu erkämpfen. Zum anderen halten wir an der langfristigen Perspektive einer nachkapitalistischen Gesellschaft fest. Diese lässt sich mit Marx so skizzieren: „Die Freiheit … kann nur darin bestehn, daß der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehn.“

Konkret bedeutet dies, dass die LINKE im Gegenzug für eine Zustimmung zu staatlichen Subventionen eine Demokratisierung der Wirtschaft einfordert, die Beteiligungen von Staat wie auch von Beschäftigten, Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Natur- oder Verbraucherverbänden einschließt. Deswegen braucht es eine entschiedene linke Industriepolitik. Kurz: Der Green Deal muss zu einem Green New Deal werden. Hierfür zentral sind eine umfassende Umverteilungs- und Sozialpolitik, diverse Arbeitszeitverkürzungen sowie eine neue Politik der Gleichheit. Mit der Dekarbonisierungspolitik des Staates muss eine Politik sozialer Demokratie für soziale Sicherheit und Vollbeschäftigung verbunden werden.

Diese auf soziale Sicherheit angelegte Politik muss dem neuen technologischen Modell selbst eingeschrieben werden: Das Internet der Dinge, künstliche Intelligenz, Plattformbildung und andere Digitalisierungsprozesse greifen heute und seit 30 Jahren nicht nur in die Unternehmenswirklichkeit ein, sondern auch in den Arbeitsalltag von Beschäftigten und in die Lebenswelt der Menschen. Insgesamt verlaufen diese Prozesse bisweilen chaotisch und ungeordnet oder mit hohen, teils schmerzvollen Reibungsverlusten in verschiedenen Ebenen und Schichten der Gesellschaft. Die Bundesregierung, aber auch die Opposition verfügen über keine Konzepte, wie diese Prozesse reguliert gestaltet werden können, so dass sie verständlicher, weniger verlustreich und mit Hoffnungen auf mehr Selbstentfaltung und Sicherheit verlaufen könnten. Die Aufgabe der LINKEN ist es, die Umwälzung der gesellschaftlichen Betriebsweise voranzutreiben und den lohnabhängig Beschäftigten und Sozialeinkommensbeziehern einen auskömmlichen Platz in der Gesellschaft zu sichern. Digitalisierung sollte, wenn sie mit Dekarbonisierung und ökologischer Transformation verbunden wird, weder zu unsozialer Arbeitsverdichtung und Hetze führen noch den Ressourcenverbrauch steigern noch die Profitquote erhöhen. Stattdessen geht es um eine intelligente und smarte Mobilität, Ressourceneinsparung, Emissionsvermeidung sowie freie Zeit durch Arbeitszeitverkürzungen. Voraussetzung ist, dass technische Revolutionen sozial eingebettet sind und mit einer Qualifizierung der Beschäftigten über die im Arbeitsprozess verwertbaren Kompetenzen hinaus verbunden werden.

 

2.   Hegemonieprojekt im Rahmen einer positiven Erzählung

Die ökologische Transformation darf kein Projekt des Verzichts und der Einschränkung sein, sondern muss einhergehen mit einem Umbau zu einem anderen besseren Leben mit weniger Arbeit und Stress, mit anderen Formen der Kommunikation und der Mobilität, in einer gesünderen Umwelt und gesünderer Ernährung, bei sozialer Sicherheit, mit einer Vielzahl von Möglichkeiten der Lebensgestaltung und der Persönlichkeitsentfaltung in gleichberechtigten Beziehungen. Es wird Gruppen und Kräfte geben, die eine ökologische Transformation unterstützen, davon einige, die sich Vorteile versprechen, und andere, die Nachteile in Kauf nehmen. Auch wird es in allen gesellschaftlichen Gruppen und Klassen Verlierer geben oder solche, die sich als Verlierer fühlen. In Phasen der Transformation entwickelt sich eine „Furcht vor der Freiheit“ oder Furcht vor Neuem, was regressive Tendenzen fördert und sich gegenwärtig u.a. im Zuspruch zur AfD zeigt. Die Ausgrenzung dieser Teile der Lohnabhängigen ist kein erfolgversprechender Weg. Um diese Teile einzubeziehen, muss die positive Erzählung bzw. das Hegemonieprojekt deren Sorgen aufnehmen, die vor allem in der Angst vor Kontrollverlust über das eigene Leben wurzeln. Zentrales Element des Hegemonieprojekts muss daher die Frage sozialer Sicherheit und die Stärkung des Staates in Bezug auf die Daseinsfürsorge sein.

Es gilt folglich, Kompromisse einzugehen und mit einer Mosaiklinken Bündnisse für einen positiven Reformismus zu organisieren. Ein solcher neuer Reformismus fördert Bündnisse mit progressiven Teilen der SPD und Grünen, mit Lohnabhängigen und Selbständigen, die auf SPD und Grüne orientieren, mit weiteren veränderungsbereiten Akteuren der Politik im demokratischen Spektrum sowie mit mitbestimmten Unternehmen. Diese Bündnispartner müssten veranlasst werden, einen Erneuerungspakt anzubieten. Die LINKE fördert diese Bündnisse, um die Transformation zu beschleunigen.

In der politischen Auseinandersetzung geht es darum, Sichtweisen, Deutungen oder Interpretationen der Situation und Perspektive zu verbreiten oder zum unhinterfragten Konsens zu machen, kurz: Hegemonie zu erlangen. Politische Einstellungen werden im gesellschaftlichen Prozess geformt und ergeben sich nicht gleichsam naturnotwendig aus der Klassenlage. Den Neoliberalen ist es gelungen, aus der Verbindung von soziologischem Steuerungspessimismus der Systemtheorie, marktradikalen Vorstellungen, links-grüner Staatskritik und Kritik an tayloristischer Betriebsweise ein hegemoniefähiges Projekt zu entwickeln, das über Jahrzehnte die Denkgewohnheiten bestimmte.

Ein ähnliches Projekt kann für die Linke die Erweiterung des Green Deal zum Green New Deal darstellen, indem erstens die Folgen des neoliberalen, marktradikalen Umbaus der Gesellschaft kritisiert und rückgängig gemacht werden (Beispiel: Miete und Rente), zweitens eine Militarisierung der Gesellschaft und die damit verbundene Umverteilung und repressive Schließung der Gesellschaft verhindert wird und drittens der ökologische Umbau der Ökonomie mit dem Ausbau staatlich-öffentlicher Steuerung verbunden wird. Gleichzeitig soll die Lebenswirklichkeit anders organisiert werden, d.h. sollen soziale Sicherheit wieder hergestellt und neue Formen der Selbstbestimmung in Ökonomie und Gesellschaft eingefordert werden.

 

3.   Strategische Konsequenzen für die Partei DIE LINKE und ihre Aufgaben

Das Konzept verbindender Klassenpolitik ist in der Praxis der Partei weitgehend zur Leerformel geworden, indem es eine Begründung für völlig unterschiedliche Schwerpunkte der konkreten Arbeit lieferte. Es wurde nicht als Projekt verstanden, die in sich diverse lohnabhängige Klasse zusammenzuführen. Es muss als integrierende Klassenpolitik neu konkretisiert werden. Es geht nicht um eine bloße Addition, sondern darum, verschiedene Fraktionen und Milieus der Lohnabhängigen entlang des Klassenwiderspruchs zusammenzuführen.

Das Problem besteht darin, dass sich aus der sozialen Lage nicht unmittelbar das Bewusstsein ableiten lässt. Das Bewusstsein wird vermittelt durch Konzepte der Lebensführung bzw. des Habitus. Das bedeutet, dass sich im Lauf der Generationen innerhalb von verschiedenen Gruppen der Lohnabhängigen verschiedene Arten der Lebensführung ausprägen, die die politische Orientierung weitgehend beeinflussen. Diese Konzepte der Lebensführung wandeln sich zwar, sind jedoch auch in zentralen Aspekten über Generationen hinweg stabil.

Diese Konzepte der Lebensführung wandeln sich zwar, sind jedoch auch in zentralen Aspekten über Generationen hinweg stabil. Wir können daher in der politischen Arbeit nicht von einem einheitlichen Klassenbewusstsein ausgehen, sondern müssen die Differenzen zwischen den verschiedenen Milieus überbrücken, um überhaupt politische Kämpfe führen und gewinnen zu können. Erst daraus ergibt sich längerfristig die Chance zur Erarbeitung von Klassenbewusstsein.

Die Überbrückung der Differenzen zwischen den zentralen Milieus der Lohnabhängigen bedeutet die Konzentration auf jene Politikfelder, in denen sich für sowohl konservative wie auch progressive Teil der Lohnabhängigen und die Unterprivilegierten Gemeinsamkeiten ergeben. Diese Brücke dürfte vor allem im Bereich der sozialen Sicherheit zu finden sein. Demzufolge müssen wir die unten näher ausgeführten politischen Themen in den Mittelpunkt stellen: Miete, Rente, Gesundheit als unsere zentralen Politikfelder. Es sind die klassischen Themen sozialer Sicherheit. Daneben ergibt sich die Notwendigkeit, für die gegenwärtig politisch zentralen Felder konsistente und realistische Konzepte zu entwickeln, um Fehler zu vermeiden: nämlich Frieden und Migration.

Die Neuorientierung der Partei DIE LINKE muss auch nach innen wirken, in die Partei hinein. Das kann nur bedeuten, dass eine systematische Ausbildung künftiger und gegenwärtiger Funktionäre entwickelt wird, die jene Fehler in Zukunft vermeidet. Es kommt darauf an, dass ökonomische, historische und soziologische Kenntnisse erworben werden. Dabei ergibt sich aus der Tradition der Arbeiterbewegung der inhaltliche Rahmen. Die Teilnehmenden müssen mit den verschiedenen theoretischen Positionen innerhalb der Linken vertraut werden und sich reflektiert in ihnen bewegen können.

 

IV. Zentrale Politikfelder

 

1.   Miete

Im Verein mit einem unzulänglichen Umfang an öffentlichem und gemeinnützigem Wohnungsbau hat überschüssiges Kapital, das nicht in den Ersatz und die Erweiterung von Produktionsmitteln, sondern in Betongold investiert wurde, zu einer Steigerung von Mietkosten geführt. Hinzu kommt die Verteuerung der Energienebenkosten infolge des Kriegs gegen die Ukraine sowie der pandemiebedingten Störung von Lieferketten. Auch haben die Zinssteigerungen der EZB die Finanzierung von Bauprodukten und Grundstücken verteuert (wobei jedoch die Zinssteigerungen deren Kaufpreise tendenziell senken), die sich in Mieterhöhungen transformieren kann. All das gilt vor allem für die großen Städte oder Ballungszentren, zunehmend jedoch auch für angrenzende, eher ländlich strukturierte Gebiete. Kampagnen für günstige Mieten könnten deshalb ein Gewinnerthema für die LINKE sein. Dabei ist es verfehlt, nur die Enteignung großer Wohnungsbaukonzerne zu fordern. Ihr Anteil am Wohnungsmarkt ist vergleichsweise gering. Zu fordern ist ein temporärer Mietpreisdeckel, wie ihn Berlin einst verabschiedet hatte, nun auf Bundesebene sowie die intensive Förderung von solidarischen gemeinnützigen Wohnbauprojekten, und zwar durch die öffentliche Hand wie auch durch Genossenschaften und ökologische Bauprojekte. Das Thema ist sowohl für die Kommunal- wie für die Bundespolitik relevant. Kampagne bedeutet nicht: Plakate im Wahlkampf kleben. Initiieren könnte man z.B. eine Massenpetition für den Bundestag. Rechtlich ist auch deren Wirkung begrenzt – politisch kann sie aber helfen.

 

2.   Soziale Infrastruktur: Rente/Gesundheit/Arbeit

Ein Gewinnerthema für die LINKE kann auch die Renten- und Krankenversicherung sein. Hier gibt es Konzepte einer Erwerbstätigen- bzw. Bürgerversicherung, die Beamte und Selbstständige einbezieht sowie Beitragsbemessungsgrenzen anhebt bzw. abschafft. Das leuchtet den meisten Menschen unmittelbar als Lösung ein. Auch muss Die LINKEN ein Konzept für eine neue, erweiterte Arbeitsversicherung entwickeln. Hier muss analog zu Rente und Gesundheit nach bezahlbaren, realistischen Konzepten gesucht werden, welche die Lohnabhängigen vor Armut bewahrt und ihnen neue Spielräume eröffnet.

 

3.   Migration

Die Furcht vor der Freiheit und regressiven Tendenzen werden durch die Polemik gegen Migranten und Migration geschürt und politisch genutzt. Das heißt allerdings nicht, dass eine unbegrenzte Migration kein Problem darstellen würde. Migration muss zwar nicht, kann aber zu Problemen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, im Bildungssektor sowie im Sozialstaat beitragen, wenn die notwendige Integrationspolitik nicht finanziert wird und wenn sie unreguliert verläuft. Auch können Probleme im kulturellen und sozialen Miteinander auftreten. Die Kriterien für Aufenthalts- und Bleiberechte müssen also präzisiert werden. Dazu gehört die Verteidigung des Asylrechts einschließlich des subsidiären Schutzes und daneben eine gesteuerte Zuwanderung. Beides ist in einem Einwanderungsgesetz zu verbinden.

Es geht dabei nicht einfach um die Unterscheidung zwischen regulärer und irregulärer oder illegaler Wanderung – Asylsuchende können kaum die Botschaft in ihren Ländern aufsuchen. Gleichzeitig darf nicht das Windhundprinzip gelten, so dass Menschen, die sich durchsetzen oder die Flucht bezahlen konnten, auch ein Bleiberecht erhalten.

DIE LINKE ist gegen eine Abschottungspolitik gegenüber Menschen in Not. Wir wollen eine humane Flüchtlingspolitik und ein solidarisches Einwanderungsgesetz, das Begrenzungen an humanitären statt an rassistischen Kriterien vornimmt, und eine soziale Integrationspolitik, um Einwanderung gerecht zu regulieren.

DIE LINKE ist gefordert, ein eng mit dem europäischen und internationalen Menschenrechtsschutz verzahntes Einwanderungsgesetz zu entwickeln, das alle politischen Ebenen von EU bis Kommune abdeckt.

In der LINKEN muss akzeptiert sein, dass es in dieser Frage (wie im Übrigen auch beim Thema Krieg und Frieden) keine Patentlösung, wohl aber Zielkonflikte, Widersprüche und Dilemmata gibt. Diskussionen hierzu sind daher überfällig und dringend notwendig.

 

4.   Frieden

Die Positionierung im Themenfeld Frieden wollen wir in einem gesonderten Papier bearbeiten